Die Historie der Tannenhofsiedlung

Der Bau der Tannenhofsiedlung geht auf Planungen der Duisburger Kupferhütte aus dem Jahr 1934 zurück. Ausgehend von den Erfahrungen aus Ansiedlungen von Arbeitern in unmittelbarer Werksnähe (sozusagen im Schatten der Zechen und Hochöfen) stand für die Tannenhofsiedlung der Gedanke einer langfristigen Bindung an das Unternehmen Pate. Ein Eigenheim mit entsprechendem Grund und Boden zur Selbstversorgung in einer Umgebung, in der man sich wohl fühlt, waren die Messlatte für solche Siedlungen. Bei der Planung wurde davon ausgegangen, dass der Siedler auch für eine größere Familie reichlich Platz haben, der Charakter als Einfamilienhaus aber erhalten bleiben sollte.Ebenso sollten entsprechend große Wirtschaftsräume eine intensive Nutzung des Gartens für Obst- und Gemüseanbau sowie Kleintierhaltung ermöglichen. Dadurch wurden die für Kleinsiedlungen vorgeschriebenen Hausgrößen überschritten, was einige Schwierigkeiten bei der Genehmigung machte. Üblicherweise wurde für ein Grundstück zur Selbstversorgung eine Größe von ¼ Morgen angesetzt, was ungefähr 850qm entspricht. Gleichzeitig sollte die Siedlerstelle aber für den einfachen Arbeiter bezahlbar sein. Mit diesem Konzept unterscheidet sich die Tannenhof-Siedlung sowohl von der unter Denkmalschutz stehenden Dickelsbachsiedlung (Einfamilienhäuser als Sozialwohnungsbau) als auch von der Eisenbahnsiedlung in Wedau als Gartenstadtsiedlung mit Wohnungen und Gemeinschaftsgärten.

Grundlage für die Finanzierung war die Überlegung, dass die Belastung nicht höher sein sollte, als ein Arbeiter normalerweise für eine Mietwohnung aufwenden musste, das waren in jener Zeit ca. 15 bis 20% seines Einkommens. Das Durchschnittseinkommen eines Facharbeiters betrug etwa 235 RM. Nach damals gültigen Zinssätzen folgte daraus, dass die Siedlerstelle höchstens 7300 RM kosten durfte. Da die Planungen jedoch Kosten in Höhe von knapp 8400 RM vorsahen, musste die Differenz durch Selbsthilfearbeit beglichen werden. Für die Selbsthilfearbeit wurde ein Hilfsarbeiterlohn von 95 Rpf angesetzt, woraus sich ein Umfang von ca. 1000 Selbsthilfestunden ergibt. Dies wurde durch die damals auf dem Werk bestehende Kurzarbeit begünstigt, die jedoch nicht lange anhielt. Bereits beim Bau des zweiten Bauabschnittes herrschte auf dem Werk wieder Vollbeschäftigung und verzögerte damit die Fertigstellung.

Die Kosten einer Siedlerstelle beliefen sich damals auf 8370 RM.Darin enthalten war das Grundstück (ca. 820qm), das vollunterkellerte Haus (mit Erdgeschoss und Dachboden (Wohnfläche: ca. 74qm, Nutzfläche ca: 125qm), Stall (7,5 qm), Erschließungskosten (Straßenbau, Kanal, Versorgungsleitungen, Vermessung), Gartenanlage, sowie Gebühren und Versicherungen. Damit lagen sich die Kosten einer Siedlerstelle ungefähr beim 3-fachen Jahreseinkommen eines Arbeiters (auch in der heutigen Zeit ein Schnäppchen!). Der erste Spatenstich erfolgte am 15.04.1935 zum Bau dreier Musterhäuser, die im Sommer 1935 fertiggestellt wurden. Die Häuser des ersten Bauabschnittes wurden bereits zum 01.04.1936 bezogen, die des zweiten Bauabschnittes im Herbst 1937.

Die in die Siedlung einbezogenen 42 Häuser der Lintorfer Straße, die nicht zu dem o.a. Siedlungsprojekt der Duisburger Kupferhütte zählten, existierten teilweise schon seit 1895. Es handelt sich um Siedlungshäuser der Baufirma Gebr. Kiefer (1867-1976), welche unter anderem auch am Bau des Duisburger Rathauses beteiligt war. Die Häuser waren in der Regel ebenfalls 1½-geschossig mit vergleichbar großer Wohnfläche. Sie waren in mehrere Bautypen unterschieden und meist als Doppelhäuser ausgeführt. Schon damals entsprach die Grundstücksgröße dem Standard für Selbstversorger, wodurch eine weitestgehend einheitliche Siedlungsstruktur mit der Kupferhüttensiedlung gegeben war. In einigen dieser Häuser waren auch Geschäfte des täglichen Bedarfs eingerichtet, so dass den Bewohnern der neuen Tannenhofsiedlung eine Nahversorgung zur Verfügung stand. Die bis zum Jahr 2010 betriebene Gaststätte „Am Tannenhof“ an der Lintorfer Straße lag fast in der Mitte der beiden Siedlungsabschnitte und war mit ihrem Biergarten ein beliebter Treffpunkt.

Eine Bestandsaufnahme zum 75-jährigen Bestehen der Siedlergemeinschaft im Jahr 2010 ergab, dass von den ursprünglichen 136 Häusern der Tannenhofsiedlung noch 125 Häuser in ihrer ursprünglichen Bausubstanz erhalten geblieben sind. Dabei wurden im Krieg zerstörte Häuser, die in alter Form wieder aufgebaut wurden, als „in der Bausubstanz erhalten“ angesehen. Die Häuser der Gebrüder-Kiefer-Siedlung sind fast vollständig in ihrer Bausubstanz erhalten geblieben. Durch Bebauung des Pachtlandes und durch Nachverdichtung entstanden im Laufe der Zeit weitere 50 Häuser, so dass der Siedlungsbestand im Jahre 2010 insgesamt 228 Häuser zuzüglich des in Wohnungen umgewandelten Gemeinschaftshauses und des Kindergartens umfasste.

Die Tannenhofsiedlung ist weder spektakulär, was ihre Bauweise betrifft, noch ist sie einzigartig. Daher stellte sich nie die Frage nach Denkmalschutz. Sie regt gleichwohl zum Denken an, wenn man die lockere Bebauung und die großen Gärten betrachtet. Sie ist einfach lebenswert!

Die ursprüngliche Planung sah insgesamt vier Bauabschnitte vor. Davon sind allerdings nur die ersten beiden Abschnitte mit den Namen „Tannenhof“ (95 Häuser) und „Im Schlenk“ (41 Häuser) in der ursprünglichen Planung realisiert worden. Für die Bauabschnitte 3 und 4 „Am See“ (am Wambachsee gelegen) wurden Überlegungen angestellt, ob es nicht besser sei, zusätzlich zu Siedlerstellen auch kostengünstige Mietwohnungen zu schaffen für diejenigen Belegschaftsmitglieder, die kein Eigentum erwerben wollten. Die Planungen wurden entsprechend geändert, so dass diese Bauabschnitte nicht nur räumlich von den ersten beiden Bauabschnitten getrennt sind, sondern auch einen anderen Charakter bekamen. Die Bauabschnitte 3 und 4 wurden erst während des Krieges fertiggestellt. Für diese Bauabschnitte hat sich eine eigene Siedlergemeinschaft gegründet unter dem Namen „Siedlergemeinschaft Duisburger Kupferhütte (DK) e.V.“